Review: Little Rocket Lab [PC]

16. November 2025,   
Autor: Erik Schott

Bei Automatisierungsspielen denkt man sofort an Dutzende Fließbänder und riesige, laute Fertigungshallen voller Maschinen. Doch Little Rocket Lab wagt den Schritt und verbindet Automatisierung mit der Gemütlichkeit einer Lebenssimulation. Das neueste Projekt der Studios Teenage Astronauts und No More Robots erzählt keine Geschichte über Wachstum, Macht oder Ruhm, sondern über Rückkehr, Erinnerung und das Wunder, wenn alte Träume wieder Gestalt annehmen. Erik Schott

Little Rocket Lab

ACHTUNG: Jegliche Aussagen in diesem Review reflektieren lediglich die persönliche Meinung des Autors und nicht (!) die von PattoTV und seiner Partner.


Ein in Vergessenheit geratener Ort

Einst war das Raketensilo das Lebenswerk einer begabten Ingenieurin, doch nach ihrem Tod kam alles zum Erliegen. Ihre Tochter Morgan und deren Tante Ilonka wollten das Projekt zwar nie wirklich aufgeben, doch der Antrieb war verschwunden. Morgan war damals zu jung, um allein weiterzumachen, also schickte Ilonka sie zu ihrem Vater – mit dem Versprechen, dass die beiden eines Tages den Traum von der Rakete vollenden würden.

Zehn Jahre später kehrt Morgan in ihre Heimat St. Ambroise zurück. Das Städtchen, das einst von Energie und Erfindergeist lebte, verharrt nun im ewigen Stillstand. Zwischen verrosteten Maschinen und halb zerfallenen Projekten findet sich der nie wahr gewordene Traum von der Rakete wieder. Was früher Fantasie war, ist nun unsere Aufgabe – und vielleicht auch das Mittel, um wieder Schwung nach St. Ambroise zu bringen.

Little Rocket Lab

Automatisieren ohne Hetze

Little Rocket Lab ist im Kern eine Aufbau- und Automatisierungssimulation, die jedoch bewusst auf Druck und Hektik verzichtet. Man sammelt Materialien, verarbeitet sie und verbindet Maschinen zu funktionierenden Produktionsanlagen. All dies geschieht jedoch ohne Hetze. Das Ziel besteht nicht darin, die gesamte Umwelt zu zerstören. Vielmehr möchte das Spiel den Wert vermitteln, den Sinn hinter alten und vergessenen Projekten zu entdecken. Die Handlung drängt sich nie auf, begleitet das Spiel aber wie ein roter Faden.

Das Spiel ermutigt dazu, Systeme auszuprobieren, umzubauen und durch Versuch und Irrtum zu lernen. Der Fortschritt entsteht aus dem Verständnis für die Abläufe und deren Optimierung. Wer die Spiele Factorio oder Satisfactory kennt, erkennt die Systeme sofort wieder. Im Gegensatz zu diesen Titeln legt das Spiel jedoch keinen Wert auf Zeitdruck oder maximale Effizienz. Dadurch wirkt das Spielerlebnis ruhiger, aber auch weniger komplex. Dennoch folgen die Produktionsketten einer klaren Logik. Je weiter das Spiel fortschreitet, desto mehr Arbeitsschritte sind für die Fertigung nötig. Die Platzierung der Produktionsanlagen kann jedoch gelegentlich umständlich sein. Das Rasterlayout erfordert eine sorgfältige Planung, da Förderbänder nicht übereinander verlaufen dürfen.

Little Rocket Lab

Auch die Forschung spielt eine zentrale Rolle. Neue Baupläne lassen sich bei der Universität im Gegenzug für Komponenten freischalten. Ob man diese per Hand abgibt oder mittels Förderbändern abliefert, bleibt einem selbst überlassen. Ein kleines Manko ist jedoch, dass der Forschungsbaum quasi unsichtbar ist. Es gibt keine Übersicht darüber, was es alles freizuschalten oder zu erforschen gibt. Was gerade als zu erforschender Bauplan zur Verfügung steht, muss auch erforscht werden, erst danach gibt es den nächsten Bauplan.

Nicht nur das Gameplay von Little Rocket Lab ist entschleunigt. Auch visuell setzt es auf einen schlichten, aber stimmungsvollen Pixel-Look. Die Maschinen sind klein und schlicht gestaltet und fügen sich nahtlos in den Stil ein. Der Stand der Technik ist nicht völlig Science-Fiction, sondern erinnert vom Aussehen her an die späten 80er und frühen 90er Jahre, was ebenfalls gut zum Stil passt. Die Musik ist ruhig und passt sich an die Umgebung und die Uhrzeit an.

Little Rocket Lab

Zwischen Lebenssimulation und Fabrikbau

Was dieses Spiel besonders macht, ist der Lebenssimulationsaspekt. Little Rocket Lab legt den Fokus auch auf die Menschen hinter der Mechanik. Morgan ist keine einsame Ingenieurin auf einem fremden Planeten, sondern Teil einer Gemeinschaft, die langsam wieder erwacht. Die sozialen Elemente sind funktional eingebettet.

Die Bewohner verfügen über Zuneigungswerte, die sich durch Gespräche oder Geschenke steigern lassen. Jeder hat auch seine eigenen Tagesabläufe und Aufgaben. Das bedeutet jedoch auch, dass die Gebäude nicht rund um die Uhr geöffnet sind. Wer beispielsweise eine Forschung an der Universität abschließen möchte, muss die Öffnungszeiten berücksichtigen und gegebenenfalls Wartezeiten in Kauf nehmen.

Little Rocket Lab

Neben dem Raketenbau bietet Little Rocket Lab auch kleinere Aufträge für die Bewohner von St. Ambroise an. Dazu zählen Lieferaufträge, Reparaturen oder das Sammeln bestimmter Materialien. Diese Aufgaben sind abwechslungsreich, aber spielerisch einfach. Die Stadt selbst besteht aus mehreren Gebieten, die sich nach und nach erschließen. Neue Gebiete bieten zusätzliche Rohstoffe und Gelegenheiten zum Ausbau der Produktionslinien.

Eine Sache, die durch den Aspekt der Lebenssimulation unvermeidbar ist, ist der Schlaf. Morgan kann nicht rund um die Uhr wach bleiben. Das ist grundsätzlich in Ordnung, kann aber dazu führen, dass man beim Bauen die Zeit vergisst und somit auch das Schlafengehen. Wie man es aus diesem Genre kennt, führt dies dazu, dass man draußen einschläft und erst am Vormittag wieder aufwacht. Schlafen ist auch die einzige Möglichkeit, das Spiel zu speichern. Dadurch kommt es zu einer Unterbrechung des Spielflusses.

Little Rocket Lab

Fazit

Little Rocket Lab findet ein gutes Gleichgewicht zwischen Fortschritt und Entschleunigung. Neue Maschinen und Baupläne werden regelmäßig freigeschaltet, wodurch sich die Produktion stetig erweitert. Das Spiel richtet sich in erster Linie an Spielerinnen und Spieler, die sich für Automatisierung interessieren, den Stress klassischer Fabriksimulationen aber vermeiden möchten und ein gemächliches Tempo bevorzugen.

Wer hingegen maximale Effizienz oder technische Komplexität sucht, könnte sich nach einiger Zeit unterfordert fühlen. Für Fans von Spielen wie Spiritfarer oder My Time at Sandrock bietet es jedoch eine angenehme Balance aus Technik, Atmosphäre und sozialem Aufbau.

Kurzfazit

Little Rocket Lab ist kein Spiel, das mit großen Effekten oder schnellen Erfolgen lockt. Stattdessen belohnt es Geduld, Neugier und Experimentierfreude. Es verbindet technische Planung mit erzählerischer Wärme und schafft so einen ungewöhnlich ruhigen, aber motivierenden Spielfluss.

Bilder: ©Teenage Astronauts & No More Robots

Pro

  • Entspannter Spielfluss ohne Druck
  • Stimmige Verbindung aus Technik und Lebenssimulation
  • Charmanter Pixel-Stil
  • Gameplay für Genre-Neulinge

Contra

  • Fehlende Übersicht bei Forschung und Fortschritt
  • Kleine Komfortmängel
7.0
10
Story/Umfang:
Gameplay:
Grafik:
Soundtrack:
Themen:
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