Mittlerweile gibt es wohl von jedem erdenklichen Charakter mindestens eine Funko Pop!-Figur. Die kleinen Chibi-Vinyls mit den Knopfaugen erobern seit über einem Jahrzehnt die Verkaufsregale. Überall, wo es Gaming- und Anime-Artikel gibt, findet man auch jede Menge Funkos. Warum also nicht ein eigenes Videospiel herausbringen?
Das dachte sich auch der Hersteller und brachte im vergangenen Jahr Funko Fusion auf den Markt. Für die Umsetzung des Projekts wurde das neue Entwicklerstudio 1010 Games ins Boot geholt. Und auf den ersten Blick erinnert das Ergebnis stark an die ikonischen LEGO-Spiele. Bastian Budde
ACHTUNG: Jegliche Aussagen in diesem Review reflektieren lediglich die persönliche Meinung des Autors und nicht (!) die von PattoTV und seiner Partner.
Infizierte Welten
Ein seltsames violettes Plasma breitet sich in allen WonderWorlds aus. Verantwortlich dafür ist ein böser Funko namens Eddy. Zu Beginn des Spiels versucht Freddy, ihn mit seinem Mecha-Anzug aufzuhalten, aber Eddy ist hinter ihm her und will seine Krone stehlen. Daraufhin zerfällt die Krone in Dutzende von goldenen und silbernen Kronen und verliert ihre Kraft. Mehr ist zu dieser absurden Geschichte nicht zu sagen. Sie bildet lediglich das Grundgerüst für das Gameplay und hat keinerlei Tiefe, geschweige denn Relevanz. Die Kronen sind wie die Sterne in den Mario-Spielen die Sammelobjekte, mit denen man im Spiel vorankommt, die WonderWorlds die Level und Eddy der Feind, den es zu besiegen gilt.
Ein großer Vorteil des Spiels ist die Themenwahl. Während wir zum Beispiel Zurück in die Zukunft und Jurassic World schon in LEGO-Form gesehen haben, traut sich Funko hier auch, erwachsenere Marken einzubauen, die wir wahrscheinlich nie in LEGO-Spielen sehen werden. Zum Beispiel Das Ding aus einer anderen Welt, Chucky die Mörderpuppe, Five Nights at Freddys und viele mehr.
Gleichzeitig stellt sich die Frage, an welche Zielgruppe sich das Spiel richtet. Das Spiel verharmlost und verniedlicht an allen Ecken und Enden. Es versucht Funko Pops als Kinderspielzeug darzustellen, wodurch das Spiel eindeutig auf Zwölfjährige abzielt. Gleichzeitig bedient es Marken, die sich offiziell nur Erwachsene anschauen dürfen. Eltern, die darauf achten, was ihre Kinder konsumieren, könnten allein durch Chucky ein Kaufverbot aussprechen, was die Verkaufszahlen beeinflussen würde.
Funkos eigenes Konzept
Die Ähnlichkeit zu LEGO-Spielen ist nicht von der Hand zu weisen. Wir erkunden lineare Level und werden dabei von Gegnern gestört. In den Zwischensequenzen findet die Kommunikation zwischen den Charakteren old school über Mimik und Gestik statt. Zu Beginn fehlen uns für einige optionale Bereiche noch die nötigen Fähigkeiten, weshalb wir das Level später noch einmal spielen müssen, um die 100 Prozent zu erreichen.
Funko Fusion macht aber auch einiges anders. So gibt es in den Levels deutlich mehr zu sammeln als im LEGO-Vorbild. Am Ende eines Levels wartet mindestens eine Goldkrone. Auf dem Weg dorthin findet ihr sechs Silberkronen, Shop-Upgrades und Collectibles.
In manchen Levels findet ihr darüber hinaus Cameo-Missionen oder könnt Cameo-Levels freischalten. So müsst ihr zum Beispiel Mega Man zu seinem Robo-Hund Rush eskortieren, während ihr von Met angegriffen werdet, um ihn als Charakter freizuschalten. Oder ihr stolpert über eine Tür in ein völlig eigenständiges Zurück in die Zukunft-Level, das wiederum neue Kronen und Collectibles für euch bereithält.
Das wichtigste Alleinstellungsmerkmal ist jedoch die Perspektive. Klassische LEGO-Spiele hatten eine statische Kamera, die der Spieler nicht steuern konnte. In den modernen Ablegern kommt nun häufig eine Third-Person-Perspektive zum Einsatz. In Funko Fusion haben wir ebenfalls die moderne Third-Person-Perspektive. Da wir aber im Gegensatz zu LEGO selbst zielen müssen, ist die Kamera viel näher an der Spielfigur und hat eher eine Schulterperspektive wie bei einem Shooter.
Zusätzlich haben wir ein Inventar, mit dem wir verbrauchbare Gegenstände mitnehmen können. Es gibt zum Beispiel Waffen mit begrenzter Munition oder Tränke, mit denen wir uns heilen oder vorübergehend schneller oder stärker werden können. Letztere können wir dann in einen Recycler werfen, um Geld zu erhalten.
Absichtliche und unbeabsichtigte Probleme
Die Erkundung der Level kann viel Spaß machen. Der größte Kritikpunkt macht einem aber oft einen Strich durch die Rechnung. Regelmäßig auftretende Bugs und Fehler im Spieldesign verderben einem oft die gute Laune, für die Funko Fusion eigentlich viel Potential hat.
Beginnen wir mit den schlechten Designentscheidungen der Entwickler. So kann man viele Orte nur auf dem vom Spiel vorgesehenen Weg erreichen. Wer zum Beispiel versucht, über ein Trampolin einen Vorsprung zu erreichen, stößt auf eine unsichtbare Wand. Die richtige Lösung wäre hier, sich von einem Traktorstrahl von der Seite ziehen zu lassen. Plötzlich ist die unsichtbare Wand weg.
Das Spiel hat auch einen Mehrspielermodus, das im Vergleich zu LEGO allerdings nur online nutzbar ist. Ein Splitscreen-Koop für das gemeinsame Spiel auf der Couch ist leider nicht möglich. Eine vertane Chance, wie ich finde. Die Zwischensequenzen sind zwar wirklich nett und unterhaltsam gestaltet, aber man kann sie nach mehrmaligem Anschauen nicht überspringen. Für ein Spiel, das von seinen Spielern verlangt, ein Level mehrmals zu betreten, ist das eine absolute Frechheit. Wenn man dann auch noch durch einen Bug zum Neustart eines Levels gezwungen wird, kann es schnell passieren, dass man sich dieselbe Zwischensequenz viermal ansehen muss.
Und das ist ein gutes Stichwort, um über alle Bugs im Spiel zu sprechen. Während kleinere Bugs eher selten sind, können größere schnell dazu führen, dass man einen Level neu starten muss. Von wichtigen Gegenständen, die man nicht einsammeln kann, bis hin zu nicht wiederbeleben nach dem Tod ist alles dabei. Passiert dies auch nur zweimal hintereinander in kurzer Zeit, ist die Frustgrenze schnell erreicht.
Grafik und Sound
Über die Grafik kann man sich eigentlich nicht beschweren. Denn die Funko-Figuren sehen im Spiel so plastisch aus, wie man sie sich vorstellt. Auch die Kulissen der einzelnen Level sind sehr schön gestaltet. Beim Spielen sind mir keine Grafikfehler aufgefallen, die sich auf Reflexionen beschränken, die aus Performancegründen in niedriger Qualität dargestellt werden. Diese fallen fairerweise deutlich weniger negativ auf als beispielsweise bei Dead Island 2.
Auch am Soundtrack habe ich eigentlich nichts auszusetzen. Dieser besteht natürlich größtenteils aus ikonischen Musikstücken der einzelnen Lizenzen und läuft dezent im Hintergrund. Ab und zu gibt es sogar Momente, in denen die Musik aufdreht und für richtig gute Laune sorgt.
Die Zukunft
Sprechen wir noch kurz über das Thema DLCs. Funko Fusion ist ja als Service Game konzipiert. Das bedeutet, dass für die Zukunft große Erweiterungen geplant sind, die wahrscheinlich komplett neue WonderWorlds hinzufügen werden. Angekündigt sind solche DLCs aber noch nicht. Stattdessen bietet Funko Fusion hier Charakterpacks zu Marken wie The Walking Dead, Mega Man und Wicked an. Sogar ein Bob Ross DLC wurde veröffentlicht. Diese stören mich in zweierlei Hinsicht.
Zum einen enthalten diese Packs nur Charaktere mit den gleichen Fähigkeiten, die man auch im Hauptspiel freischalten kann. Es gibt keine neuen Spielinhalte. Jedes Mal, wenn so ein DLC erscheint, ist das eigentlich ein Schlag ins Gesicht der Fans. Man nimmt den Spielern quasi direkt die Hoffnung auf die nächste große Story-Erweiterung rund um Wicked und Co.
Zum anderen sind die Charakter-DLCs im Store nicht eindeutig als Charakter-DLCs gekennzeichnet. Da im Titel nicht explizit von einem Charakterpack die Rede ist, geht man jedes Mal in die Produktbeschreibung und hofft, dass sich dahinter mehr verbirgt. Das System, das hinter der Benennung der DLCs steckt, lässt sich letztlich schnell zusammenfassen: Wenn im Titel nicht explizit von einem Cameo-Pack die Rede ist, gibt es auch keine neuen Level. Ich finde dieses System allerdings unübersichtlich und für den Kunden irreführend.
Ich würde ohnehin nicht damit rechnen, dass es viele Erweiterungen geben wird. Mit dem Konzept des Marken-Crossovers und den käuflichen Erweiterungen erinnert mich das Spiel am ehesten an das Toys-to-Life-Spiel LEGO Dimensions. Und auch das wurde nach zwei Jahren eingestellt. Nach dem negativen Feedback der Spieler könnte Funko Fusion dieses Schicksal schon viel früher ereilen.
Fazit
Funko Fusion wagt den Versuch, den LEGO-Spielen Konkurrenz zu machen. Während die Grundidee sicherlich interessant ist und Spaß macht, hat das Spiel leider noch einige Kinderkrankheiten. So gibt es beispielsweise keinen lokalen Mehrspielermodus. Zudem sind die Bugs oft so gravierend, dass man das Level neu starten muss, um weiterzukommen. Dies ist besonders ärgerlich, da man die bereits gesehene Zwischensequenz am Anfang des Levels erneut sehen muss und es keine Möglichkeit gibt, diese zu überspringen.
Das alles sorgt für viel Frust in einem ansonsten soliden Spiel. Grafik und Soundtrack machen gute Laune, das Leveldesign regt zum Erkunden an und die Alleinstellungsmerkmale heben sich gut von der Konkurrenz ab.
Wer LEGO-Spiele mag und sich eine Umsetzung seiner Lieblings-FSK-16- und FSK-18-Marken wünscht, dem kann ich Funko Fusion nur empfehlen. Witzigerweise spielt es dabei keine Rolle, ob man noch minderjährig ist oder nicht. Die Marken sind in typischer LEGO-Manier verniedlicht. So kann man schon mal einen Vorgeschmack auf die Horrorklassiker bekommen, bevor man in ein paar Jahren das Original zu Gesicht bekommt.
Kurzfazit
Was 1010 Games mit Funko Fusion auf die Beine gestellt hat, ist sicher kein Meilenstein und mit einigen frustrierenden Problemen behaftet. Aber es ist ein netter, kurzweiliger Spaß für alle Altersgruppen.
Bilder: © 2024 10:10 Games Ltd. All Rights Reserved. FUNKO FUSION, CROWN LOGO, POP! and other character brands and trade dress are trademarks of FUNKO, LLC © 2024 Funko. All Rights Reserved.
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