Bizarr, bizarrer, JoJo! Der Kult-Anime hat es endlich in den deutschsprachigen Raum geschafft! KAZÉ Anime sicherte sich die Lizenz an JoJo’s Bizarre Adventure und startete am 1. Juli 2021 das Abenteuer rund um den namensgebenden Helden JoJo und der rätselhaften Steinmaske. Aber wie viel ist wirklich an dem Anime dran, um den es im Internet kein Umgehen gibt? Lisa Murauer
ACHTUNG: Jegliche Aussagen in diesem Review reflektieren lediglich die persönliche Meinung des Autors und nicht (!) die von PattoTV und seiner Partner.
Feindschaft auf den ersten Blick
Wir befinden uns im England Ende des 19. Jahrhunderts. Der junge Adelssohn Jonathan “JoJo” Joestar lebt ein recht beschauliches Leben. Doch mit dieser Ruhe ist es mit einem Schlag vorbei, als der junge Dio Brando in sein Leben tritt. Vor Jahren rettete Dios Vater JoJos Vater und nun, nachdem Dio der einzige Überlebende seiner Familie ist, will JoJos Vater seine Schuld begleichen und nimmt Dio in die Familie auf.
Doch aus irgendeinem Grund hat es sich Dio zur Aufgabe gemacht, JoJos Leben zur Hölle zu machen. Egal wie sehr sich JoJo bemüht, mit Dio ist nicht gut Kirschen essen. Bei Dios Rachefeldzug zieht er dabei nicht nur JoJo, sondern auch dessen Familie und Freunde mit hinein. Die Sache eskaliert schließlich an jenem schicksalhaften Tag, an dem eine mysteriöse Steinmaske, die sich im Besitz der Joestars befindet, in Dios Hände fällt. Hiermit soll das Unheil erst seinen Anfang nehmen …
Die Macht der Maske
Mithilfe der Steinmaske lässt Dio seine Menschlichkeit hinter sich und verwandelt sich selbst in einen schier unbesiegbaren Vampir. JoJo gelingt es zwar vorerst, Dio Einhalt zu gebieten, doch der Preis dafür ist hoch. JoJo wird klar, er muss nicht nur Dio, sondern auch die Steinmaske zerstören. Dafür muss er aber erst einmal die notwendige Kraft erlangen. Wie gut, dass er nicht viel später einem rätselhaften Mann namens Zeppeli begegnet, der ebenfalls Erfahrungen mit der teuflischen Macht der Steinmaske gemacht hat und nun sein Leben deren Zerstörung gewidmet hat.
Zeppeli weiht JoJo in die Macht des Hamon ein, die einzige Kraft, die es vermag, gegen Dio zu bestehen. JoJo muss sich allerdings beeilen, Herr dieser neuen Fähigkeit zu werden, denn Dio hat mittlerweile seine eigene Armee aus Untoten aufgebaut und strebt nun nach nichts Geringerem als der Weltherrschaft. Ob es JoJo und seinen Gefährten gelingen wird, Dio Einhalt zu gebieten? Oder ist die Welt dem Untergang geweiht?
Bild und Animation
JoJo’s Bizarre Adventure basiert auf der gleichnamigen Manga-Reihe aus der Feder von Hirohiko Araki, die bereits seit Ende der 80er in Japan publiziert wird. Die Reihe besteht aus bisher acht (mehr oder weniger eigenständigen) Parts und zählt zum momentanen Zeitpunkt über 130 Bände. Die Anime-Adaption von David Production (u. a. Cells at Work!, Fire Force) ist bereits die zweite Umsetzung des Mangas und startete 2012. Bisher wurden die ersten fünf Parts adaptiert, während in diesem Jahr Part 6 (Stone Ocean) startete und auch auf Netflix abrufbar ist. Für den deutschsprachigen Raum sicherte sich KAZÉ Anime die Lizenz und begann am 1. Juli 2021 mit der Home-Video-Veröffentlichung.
Zwei Dinge stechen bezüglich der Animation schnell ins Auge: Die teils wechselnde Farbgestaltung und die häufige Verwendung von bildlichen Soundeffekten (die sogar Deutsch untertitelt werden), die JoJo’s teils mehr wie einen Manga als einen Anime wirken lassen. Dieser Eindruck wird mit vielen Standbildern noch verstärkt – dies ist ebenfalls der einzige Kritikpunkt, der in Hinblick auf die Animation getätigt werden kann.
Denn die Action-Szenen an sich sind flüssig, die Bildgestaltung ist ebenso ansehnlich und harmonisch. Das Charakterdesign von Takako Shimizu hält sich dabei eng an die Originalvorlage und somit ist es nicht verwunderlich, dass JoJo’s mit seinen über-muskulären männlichen Figuren stark an die Figurengestaltung von Helden aus Comics oder alten Manga- respektive Anime-Serien erinnert. Nachdem die Originalvorlage aus den 80ern stammt, ist dies durchaus passend und trägt zum ganz speziellen Flair dieses Animes bei.
Deutsche Umsetzung und Musik
KAZÉ Anime beauftragte für die deutsche Umsetzung die Synchronfirma TNT Media GmbH in Berlin. Das Dialogbuch stammt von Timo R. Schouren und die Dialogregie führte Patrick Keller.
Zugegebenermaßen war ich anfangs etwas skeptisch. JoJo’s lebt nicht zuletzt aufgrund der dramatischen Dialoge und ikonischen Zitate, die sich nur schwer übersetzen lassen. Doch es hat sich schnell herausgestellt, dass all diese Sorge unbegründet war. Denn sowohl die Umsetzung als auch die Synchronisation sind einfach top. Der gesamte Sprechercast besitzt genau die richtige Energie und den Enthusiasmus, den die Dialoge benötigen. Insbesondere Johannes Berenz als JoJos treuer Kumpan Speedwagon stellt diesen Enthusiasmus in seiner Performance eindrucksvoll unter Beweis. Vincent Fallow als Titelheld passt einfach wie die Faust auf Auge und mimt einen durch und durch sympathischen Helden. Und zu guter Letzt ist es natürlich Marios Gavrilis, der als Dio oftmals die Show stiehlt und sich die Rolle wahrlich zu eigen macht. Hier kann ich wirklich zurecht sagen, dass die deutsche Version der japanischen in nichts nachsteht!
Die Musik zu diesen Folgen stammt von Hayato Matsuo. Sie ist das einzige, was in diesem Anime als unaufdringlich bezeichnet werden kann. Doch genau aus diesem Grund bildet sie einen gelungenen Kontrast zu der Überdramatik der anderen Komponenten. Trotzdem gibt es ein paar Melodien, die durchaus eingängig sind, allen voran Dios Leitmotiv, das wunderbar bedrohlich ist. Das Opening glänzt nicht nur aufgrund des genialen Liedes (JoJo (Sono Chi no Sadame) von Hiroaki “Tommy” Tominaga), sondern auch aufgrund der originellen wie eindrucksvollen Animation, die Bilder aus dem Original-Manga mit CGI-Animationen verknüpft. Das Ending setzt hingegen mehr auf Standbilder der Figuren, hier ist es mehr die Musik (Roundabout von Yes), die hervorsticht und ebenfalls teilweise bei den Cliffhangern der einzelnen Folgen zum Einsatz kommt.
Fazit
Kaum ein Anime war in den letzten Jahren im Internet derart allgegenwärtig wie JoJo’s Bizarre Adventure. Memes und Zitate tauchten praktisch überall auf, viele Musikvideos bekannter Bands wurden mit JoJo’s-Kommentaren überrannt. Doch was ist an dem Hype rund um diesen Anime dran? So ganz einfach lässt sich dies nicht sagen. Denn eine besonders tiefgründige Geschichte bietet Volume 1 der ersten Staffel, die den ersten Part namens Phantom Blood der Manga-Vorlage adaptiert, nicht. Der Story ist es ebenso anzumerken, dass sie in den 80ern konzipiert worden ist. Und doch stellt der Anime unter Beweis, dass Tiefgründigkeit gar nicht notwendig ist, um zu unterhalten und einen in den Bann zu ziehen.
Allen voran die zitierfähigen Dialoge und Oneliner machen einfach Spaß. Hier hat KAZÉ Anime wirklich großartige Arbeit geleistet, denn die Umsetzung und die Synchronisation sind einfach nur spitze. Die Animation kann sich ebenso sehen lassen, von den Standbildern einmal abgesehen ist sie durchaus originell, insbesondere was die Soundeffekte und die ganz eigene Farbgestaltung angeht. Die Musik ist passend, wenn auch nicht besonders prägnant, obwohl hier das Opening der Ausreißer ist und schon nach den ersten Tönen ins Ohr geht.
Irgendwie funktioniert der Mix aus den mehr als nur dramatischen Dialogen und Posen, rasanter Action, der an den Stil der alten Superhelden erinnernde Zeichenstil sowie die comichafte Bildgestaltung einfach. Kurz, JoJo’s Bizarre Adventure ist einfach so dermaßen unbeschreiblich bizarr, dass man die Serie selbst sehen muss, um den Reiz (eventuell) nachvollziehen zu können. Mit dem ersten Volume ist es auch mit Part 1 zu Ende, doch das Abenteuer (eines) JoJos fängt damit gerade erst an.
Kurzfazit
Endlich hat es JoJo’s Bizarre Adventure in den deutschsprachigen Raum geschafft und wird seinem Hype mehr als gerecht. Zugegeben, eine tiefgründige Handlung bietet der Anime nicht, doch macht er dies mit Unterhaltung, Action und dem gewissen Extra mehr als wett!
Bilder: ©Hirohiko Araki/SHUEISHA, JoJo’s Animation Project
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