Review: Aya und die Hexe

21. Oktober 2021,   
Autor: Patrick Snir

Fünf Jahre ist es nun her, seit der letzte große Film aus dem Hause Ghibli seinen Weg nach Deutschland gefunden hat. Nun präsentiert man uns das neuste Werk, welches erstmals ein vollständiger 3DCG-Film ist und den Titel Aya und die Hexe (jap. Aya to Majo) trägt. Erzählt wird die ungewöhnliche Geschichte eines lebensfrohen und frechen Waisenkindes, das die Tochter einer Hexe ist. Der Film feierte am 27. August 2021 sein Debüt in den japanischen Lichtspielhäusern. LEONINE Anime sicherte sich die Lizenzrechte zum Film und veröffentlichte diesen auf DVD und Blu-ray. Zeit herauszufinden, wie viel Magie in ihm steckt! John Schwab

ACHTUNG: Jegliche Aussagen in diesem Review reflektieren lediglich die persönliche Meinung des Autors und nicht (!) die von PattoTV und seiner Partner.


Ein verzweifelter Akt

Wir starten auf einer Straße. Es ist mitten in der Nacht, doch die Stille wird durch Musik und Motorengeräusche gebrochen. Eine Frau mit einem Baby durchquert die Nacht bei einer rasanten Verfolgungsjagt auf einem Motorrad. Dabei singt sie ein Lied von Hexen und Ungeheuern. Dicht hinter ihr fährt ein gelbes Auto, das versucht, sie mit seinen Zähnen zu erreichen. Um sich zu schützen, reißt sich die junge, rothaarige Frau eine Strähne ihrer Haare aus und verwandelt diese in einen Haufen Würmer, die auf der Frontscheibe des Autos landen und dessen Fahrern die Sicht versperren. Anscheinend entkommen befinden wir uns kurze Zeit später an der Schwelle zu einem Haus. Bei diesem handelt es sich um ein Waisenhaus, wo die Mutter ihrer kleinen Tochter verspricht, dass sie wiederkommen wird, bevor sie verschwindet.

Es ist einige Zeit vergangen und die kleine Earwig, die mittlerweile auf den Namen Aya hört, ist ein kleines, stürmisches Mädchen, das nur Flausen im Kopf zu haben scheint. Sie erkundet stets die Gegend und macht diese anschließend mit ihren Freunden aus dem Waisenhaus unsicher. Immer wieder spielt sie anderen Streiche und verhält sich Erwachsenen gegenüber auch öfter einmal frech. Im Gegensatz zu den anderen Kindern tut sie alles, um bloß nicht adoptiert zu werden, denn Aya möchte nicht von ihren Freunden und ihrer bisher einzigen Familie weg. Dass sie dann aber dennoch kurzerhand von zwei ulkigen Gestalten aufgenommen wird, macht sie stutzig. Aber Aya wäre nicht Aya, wenn sie nicht schon einen Plan hätte, da wieder rauszukommen. In ihrem neuen Zuhause angekommen muss sie jedoch feststellen, dass ihr das nicht so einfach gelingen wird, wie sie anfangs gedacht hat. Statt einem wohligen Zuhause erwartet sie harte Arbeit und ein Leben hinter Gittern. Sie kann mit niemandem darüber sprechen und auch ihre Freunde darf sie nicht besuchen. Die Lage scheint aussichtslos.

Bild und Animation

Der Film stammt aus dem bekannten Studio Ghibli und basiert wie viele andere Werk auf einem Roman. Vorlage war hier Earwig and the Witch von der britischen Autorin Diana Wynne Jones aus dem Jahr 2011. Goro Miyazaki, Sohn des berühmten Hayao Miyazaki, führte die Regie. In Japan wurde Aya und die Hexe am 30. Dezember 2020 erstmals auf dem TV-Sender NHK ausgestrahlt, bevor man eine erweiterte Kinofassung, die neue Szenen beinhaltet, am 27. August 2021 in den japanischen Lichtspielhäusern präsentierte. LEONINE Anime sicherte sich hierzulande die Lizenzrechte und brachte den Film am 24.09.2021 mit deutscher und japanischer Sprachfassung auf DVD und Blu-ray in den Verkauf.

Aya und die Hexe präsentiert sich in einem für das Studio völlig neuem Bild. Erstmals wurde ein ganzer Film in 3DCG produziert. Das dies nicht unkompliziert für das Studio war, ist immer wieder zu erkennen, wenn man sich den Film ansieht. Lichter wirken manchmal etwas unnatürlich, Szenenbilder hier und da etwas leer und zu steril, Gesichtsausdrücke sind nicht ganz ausgereift oder werden manchmal zu lange ausgeführt und dann ruckartig beendet, und Bewegungen – wie das Laufen zum Beispiel – sind nicht immer gelungen.

Positiv hingegen ist der Look des Films aufgefallen. Alles ist sehr kontrastreich gehalten, die Farben sind immer wieder kräftig und die düsteren Szenen wirken sehr atmosphärisch. Auch das Charakterdesign ist speziell, zeigt klare Kanten und hat definitiv einen Wiedererkennungswert. Gerade im Intro fiel hier der Kontrast zwischen Animation und Zeichnung gut auf. Immer wieder gibt es Szenen, die besonders ausgereift und überzeugend wirken können, wie auch eine moderne und angenehme Kameraführung. Insgesamt zeigt sich ein qualitativ hochwertiges Bild, bei dem man immer wieder sehr gelungene Szenen hat, aber auch noch einige Schwächen erkennen kann.

Deutsche Umsetzung und Musik

Bei der deutschen Vertonung übergab man die Verantwortung an das Studio Neue Tonfilm in München. Dialogregie als auch das Dialogbuch übernahm hier Sabine Bohlmann.

Bei der deutschen Synchronisation passen die gewählten Sprecher ausgesprochen gut zu den einzelnen Charakteren. Die Vertonung selbst ist unglaublich hochwertig und die Dialoge erinnern teilweise an ältere Werke aus dem Hause Ghibli. Ab und an gab es Dialoge oder auch Betonungen, die ich tatsächlich nicht ganz gelungen fand – im Allgemeinen jedoch bin ich wirklich positiv beeindruckt. Besonders gut gefallen hat mir Kathrin Gaube als Bella Yaga. Eine wundervolle raue Stimme, passend zu dem grantigen und schroffen Charakter mit einem weichen Kern. Auch die weiteren Sprecher haben hier eine tolle Arbeit geleistet, die man in dieser Qualität nicht allzu oft findet. Über die japanische Fassung kann ich leider keine Auskunft geben, da mir diese im Screening nicht zur Verfügung stand. Dennoch kann ich diese nach einem Blick in den japanischen Trailer ebenfalls jedem ans Herz legen.

Die Musik war für einen Ghibli-Film zwar ungewöhnlich, aber dafür, dass man hier auch erstmals einen Film komplett anders umgesetzt hat, passend. Jedoch fand ich schade, dass man den Hauptsong auf Deutsch aufgenommen hat, da hier definitiv das Feeling verloren gegangen ist. Man merkt zwar, dass man sich hierbei Mühe gegeben hat, aber die Wirkung ist nicht ansatzweise dieselbe. Die allgemeine musikalische Untermalung hingegen war stimmig und die originale Musik am Ende großartig.

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Fazit

Aya und die Hexe ist ein Werk mit einigen Schwächen und Stärken. Es ist das neuste Werk des Studios und setzt gleichzeitig vollständig auf eine andere Art der Produktion. Dementsprechend hat der Film, gerade was das Bild angeht, immer wieder kleinere und größere Probleme, wie der Darstellung der Mimik und Gestik oder auch der Anwendung von Licht und Schatten. Dennoch kann das Charakterdesign überzeugen und es gibt immer wieder Szenen, die sehr ausgereift wirken.

Auch farblich ist die Darstellung mit intensiven Farben und guten Kontrasten sehr ansprechend. Das größte Problem des Films dürfte allerdings seine spärliche Story und dessen schleppende Umsetzung sein. Ich hatte das Gefühl, dass sich der Film anfangs viel zu viel Zeit lässt, sich zum Ende hin verbessert, nur um dann aber viel zu schnell und abrupt aufzuhören. Musikalisch gab es fast nichts auszusetzen und die deutsche Synchronisation ist sehr gelungen. Dennoch geht hier leider bei dem Hauptsong des Films, welchen man auf Deutsch aufgenommen hat, sehr viel Atmosphäre verloren. Abschließend fand ich den Film gerade im punkto Story und Bild zu schwach. Es gab schöne Momente sowie Humor, aber am Ende konnte mich das leider nicht vollständig überzeugen.

Kurzfazit

Aya und die Hexe von Studio Ghibli zeigt sich mit einer völlig anderen Animationstechnik. Dabei hat der Film seine Schwächen als auch seine Stärken: Während die Handlung nicht an vorherige Werke Ghiblis anknüpfen kann, besticht dieses mit gutem Charakterdesign.

Bilder: ©2020 NHK, NEP, Studio Ghibli

Pro

  • gutes Charakterdesign
  • deutsche Synchronisation
  • allgemeiner Look

Contra

  • unausgereifte Animationen
  • unbeständige Story
  • deutscher Song
7.0
10
Story:
Bild und Animation:
Deutsche Umsetzung:
Musik:
Themen:
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